Alina sah mir zu, wie ich ein Bild für sie aussuchte. Dabei hatte
sie sich längst für eines entschieden. Eines, für das ich mich nicht
erwärmen konnte. Nicht dass es schlecht war, aber es waren ganz
andere, die mir gefielen. Für Alina aber war völlig klar, was ihr ge-
fiel und welches sie haben wollte. Und das bekam sie auch.
Sie stellte ganz klare Fragen. Fragen, die mich mit ihrer Offenheit
beeindruckten. Über diese Fragen konnte man nicht einfach hin-
weggehen. Und mir schien - bei all meiner Geschäftigkeit, ihr das
Bild zu liefern - es beinahe unmöglich, ihre Fragen hinreichend zu
beantworten. Und da auch die Frage kam, warum ich da ein Kreuz
an der Wand habe, musste ich daran denken:
» Jesus rief ein Kind zu sich und stellte es mitten unter sie und
sprach: Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt und werdet
wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen. «
Alina ist und war für mich "nicht einfach nur irgendwie süß". Sicher
ist und war sie süß. Sehr sogar. Alina hat mich beeindruckt. Ein
ganzer Mensch. Mit sechs Jahren. Mit einem umwerfenden Charme.
Mit einer Ehrlichkeit und Offenheit, die ich nur bei Kindern erlebe.
Und nach der ich mich sehne. Auch für mich.
Danke, Alina, für Deinen Besuch bei mir. Danke auch der Mutter von
Alina, die das alles mitgemacht hat. Und die mir erlaubt, Bilder von
Alina zu zeigen. Auch im Schaufenster des Ateliers.

Ach ja: Alina versuchte alles zu verstehen, was ich tat. Und war er-
staunlich klug in ihren Einschätzungen. Und dass ich Fotos von ihr
machte - das musste ich ihr nicht erklären. Dass ich dazu noch Licht
"anmachte" sowieso. Aber was ich von Beruf sei - das wollte sie auch
wissen. So erklärte ich es ihr. Aber das konnte sie nicht verstehen. Ja,
Fotos machen. Klar. Machen doch alle. Auch ihre Mutter zeigte mir
Fotos, die sie von dem kleinen Wurm gemacht hatte, den sie im Kinder-
wagen dabei hatte. Aber das soll ein Beruf sein? Das macht doch Spaß!